Eine letzte Runde zum vergessen.

von Sebastian

Vorläufig nur noch ein Mal nach Chiasso, Genf, Winterthur oder ins Fürstentum nebenan: Es heisst Abschied nehmen. Von der Liga, den Stadien, in denen wir uns nun langsam etwas auskennen, und den gegnerischen Fans, zu denen wir teilweise auch Kontakt haben. Also etwas spezielles. Wir habens gefeiert.

Als der damalige Präsident Lucien Tschachtli zum neuen Jahr den Rückzug des FC Wohlen aus dem Profifussball verkündete, war klar, dass wir die Auswärtsspiele unserer letzten Challenge-League-Rückrunde nutzen sollten. So veröffentlichten wir den nachfolgenden Aufruf in deutsch, französisch und italienisch, damit die Vereine sowie die Fangruppen der Liga sich unserer letzten Runde auch Bewusst sind.

EINE LETZTE RUNDE

Wer kennt es nicht: Da sitzt man gemütlich am Tresen und plötzlich verkündet die Barfrau «Letzte Runde, dann ist Schluss». So fühlen wir uns auch ungefähr. Nach 16 Jahren Zweitklassigkeit vielleicht schon ein bisschen beschwipst, aber eigentlich haben wir noch keine Lust nach Hause zu gehen. Doch es bleibt uns nur noch diese eine letzte Runde, bevor wir uns eine andere Kneipe suchen müssen. Da es aber anscheinend nicht nur wir traurig finden, dass sich der FC Wohlen aus der Challenge League zurück zieht, sondern auch viele Vereine ihre Anteilnahme äusserten, finden wir, dass daher die letzte Runde auf euch gehen soll! Wir wissen, dass wir immer nur ein kleines Grüppchen waren, welche euch in euren Stadien besuchte, aber wir glauben, dass wir ganz gern gesehene Gäste waren und sind. Daher freuen wir uns darauf, dass ihr uns noch Einen ausgebt und jeweils eine Runde Bier in den Gästeblock bringt (zwei Süssgetränke für unsere Fahrer wären auch ganz nett). Glaubt uns, unser Dank wär euch sicher! #eineletzterunde

Aber natürlich wollten wir nicht einfach nur frei saufen, sondern es lag einigen von uns am Herzen, sich jeweils gebührend zu verabschieden. Und das geht nunmal am einfachsten mit Spruchbändern. Was hab ich mir da wieder aufgebürdet… Es war jedoch nicht nur unsere letzte Runde im Profifussball, sondern für die meisten Spieler war klar, dass sie den Verein auf Ende Saison verlassen werden. So wollten wir sie nochmal unterstützen, nicht nur für ihre Zukunft abseits vom Freiamt sondern auch für eine halbe Saison, in der es um nichts mehr geht. So malten wir eine Zaunfahne mit dem Text «Walk on… Walk on… with hope in your heart and you’ll never walk alone», welche fortan bei jedem Auswärtsspiel hing.

Die Wohler Abschiedstournee begann in der Wiler IPG Arena zu der wir teils im Auto, teils im Zug anreisten. Auf dem Parkplatz kurz ausgetauscht, gewonnene Freikarten vom Liga-Sponsor verteilt und los gings zum Stadion. Unterwegs wurde ein Gesprächsthema der Fahrt nochmal aufgegriffen: Gibt der FC Wil wohl heute eine Runde aus? Doch da wurden wir kurz vor der Kasse auch schon von einem Typen abgepasst. Irgendwer hat im Nachhinein behauptet, er hätte einen Knopf im Ohr gehabt. Jedenfalls offerierte er uns gleich eine Runde von einem pinkfarbenen Likör, da seine Kumpels angeblich noch Ewigkeiten bräuchten und wir ja das letzte Mal hier seien. Das ist mal eine nette Begrüssung! Kaum im Gästesektor angekommen, erschien auch schon Dani Wyler, der Medienverantwortliche des FC Wil. Einige von uns kannten ihn schon vorher, daher war es umso schöner, dass er sich persönlich Zeit nahm, um uns willkommen zu heissen. Nachdem er die Getränkewünsche der anwesenden Dutzend Gästefans aufnahm, brachte er uns einige Biere, sowie Süssgetränke für die Fahrer, und stiess mit uns an. Das Bier der St.Galler Brauerei Schützengarten – übrigens die älteste Brauerei der Schweiz – war ganz gut, so sollte es nicht mein einziges bleiben. Kurz darauf war dann auch schon der Anpfiff. Die Wiler bestimmten das Spielgeschehen und erzielten nach einer knappen halben Stunde die Führung. In der zweiten Hälfte war alles irgendwie anders, so traf Foschini eine Viertelstunde vor Schluss zum Ausgleich. Die Heimfans präsentierten während des ganzen Spiels Spruchbänder mit den letzten vier Absteigern aus der Challenge League, die «abgestiegen wurden». Weiter sind sie sich sicher, dass «Tradition stirbt». Wie bereits erwähnt, zeigten auch wir noch ein Spruchband um uns zu verabschieden. Es wurde versucht, an jeden gegnerischen Verein ernst gemeinte Abschiedsworte zu richten. Und da aus Wil nicht viel positives in Erinnerung blieb, bedankten wir uns schön artig für die erste letzte Runde. Nach dem Spiel ging es dann wieder zeitig gen Westen, denn am nächsten Tag fand das Hallenturnier der FCW Frauen in Langenthal statt. Aber das ist eine andere berauschte Geschichte, die vielleicht jemand anderes erzählt. Oder vielleicht auch besser nicht.

Am darauffolgenden Heimspiel gegen den FC Winterthur gab es bei uns Gespräche zur letzten Runde. Geil, dass es in Wil geklappt hat, weshalb sollte es also nicht auch bei allen anderen Vereinen funktionieren? Und dann die halbe Rückrunde Freibier, das kennen wir sonst ja nur vom Auswärtsspiel im Letzigrund. Was, wenn wir für jedes Bier einen Franken spenden? Irgendwas mit Fussball und Trinken wäre doch angesagt, «Viva con Agua» vielleicht?! Nein, die bezahlen Löhne und fahren teure Kampagnen, da kommt unser sicherlich bescheidene Betrag doch nicht wirklich an. «Sport – The Bridge» macht tolle Arbeit in Äthiopien und nutzt Fussball und Sport generell, um vor allem Jugendliche, die auf der Strasse leben, abzuholen. So entschieden wir uns für dieses Projekt, welches von unserem Bierkonsum profitieren soll. Wir haben übrigens Thierry, den Präsidenten dieses Vereins interviewt. Im ersten «Kurvengespräch» oder auf der Website http://www.sportthebridge.ch gibt es mehr zu erfahren.

Als nächstes stand der FC Vaduz und somit unser vorläufig letztes internationales Spiel auf dem Programm. Fans des FCV tauschten sich schon in den Kommentarspalten unseres Social-Media-Auftrittes darüber aus, dass sie uns Bier ausgeben würden, obwohl wir dieses doch lieber von einem Fürsten spendiert bekämen. Ob Hans-Adam der Zweite oder Alois spielt dann keine grosse Rolle mehr. Die erneute Reise nach (oder durch?) Mordor mit dem Auto war kürzer als in Erinnerung. In Vaduz empfing uns jedoch teilweise dichter Nebel, aber auch eine Hand voll Kollegen aus Deutschland, die uns das letzte Mal ins Rheinpark begleiten wollten. Ebenfalls hat ein befreundeter Vaduz-Fan auf uns gewartet, der auch schon an spielfreien Tagen seines Lieblingsteams nach Wohlen fuhr, um mit uns den FCW zu supporten. Er und ein paar Freunde hätten zusammengelegt um uns ein paar Biere zu bezahlen, voilà ein Nötli. Vielen Dank nochmal für diese nette Geste! Die erste Hälfte des Spiels war ganz gut, bis die Liechtensteiner kurz vor der Pause in einem Gewusel vor dem Tor die Führung erzielten. Während der standartmässigen viertelstündigen Unterbrechung kontaktierte unser Fanverantwortliche seinen Vaduzer Berufskollegen und organisierte so eine Kiste Bier, welche uns als Freibier ausgeschenkt wurde. Leider wars nicht das stadionübliche 
Offenbier, welches auch von der Brauerei Schützengarten gewesen wäre, sondern man fand irgendwo noch einen verstaubten Kasten deutsches Importbier. Die Kehle war wieder feucht, so dass wir auch in der zweiten Hälfte fleissig weitersangen. Viel gebracht hat es jedoch nicht, vier Gegentore sind dazu gekommen. Das hätte so nicht sein müssen. Immerhin schoss Igor Tadic in der Nachspielzeit noch einen Ehrentreffen. Wir bedankten uns mit einem Spruchband für zwei internationale Spiele und machten uns an diesem Sonntagabend wieder auf den Nachhauseweg.

Das nächste Auswärtsspiel war dann bereits das letzte Auswärtsderby. Die kurze Anreise nach Suhr und die strahlende Sonne hätten Grund genug sein müssen, um den Gästesektor etwas zu füllen. Leider waren wir dann gar nicht so viele, die sich von den Kantonshauptstädtern verabschieden wollten. Aber jäno, die Anwesenden freuten sich über den Getränke-Bon beim Eintritt ins Stadion, es läuft gut mit #eineletzteRunde! Auch das Geschehen auf dem Platz machte Spass: Aarau kommt früh zur Führung, Tadic gleicht postwendend aus. 20 Minuten später, 2:1 für Aarau und wieder gleicht Wohlen zwei Minuten danach aus. Eine gute erste Halbzeit, die Bock auf mehr machte. Leider kam in der zweiten Halbzeit nicht mehr viel von den Blau-Weissen und Aarau gewann auch dieses Derby. Halb so tragisch, wir bedankten uns ganz einfach für den legendären Derbysieg vom letzten Jahr und verabschiedeten uns so vom Brügglifeld. Vielleicht sehen wir Aarau ja bald wieder, mal schauen was in dieser Stadion-Sache so passiert …

Das nächste Spiel dann schon wieder Auswärts, dieses mal jedoch mit weiter Anfahrt, es ging nach Genf. Die Vorzeichen waren gelinde gesagt bescheiden. Die letzten vier Spiele gingen verloren und Servette ist im Kampf um den Aufstieg. Trotzdem reisten wir mit zwei Autos in die Romandie, um uns von den Grenats zu verabschieden. Und die mitgereisten Fans wurden nicht enttäuscht. Als hätten die Spieler nichts mehr zu verlieren, spielten sie unbeschwert und frech auf und kamen so zu guten Chancen. Elvedi stand in der zehnten Minute bei einem Eckball genau richtig und konnte einnetzen. Und die Führung konnte verteidigt werden, ja es bestanden gute Chancen, diese sogar auszubauen. In der zweiten Hälfte kam die Heimmannschaft vermehrt zu Chancen, so dass sie in der 64. Minute ausglich. Beide Teams hätten sich den Sieg holen können, so sind wir sicherlich zufrieden mit diesem einen Punkt. Während dem Spiel zeigten wir noch das Spruchband «Halt stand freies Afrin», da der klerikalfaschistische Diktator vom Bosporus gerade seine aktuelle Kriegsoffensive gegen kurdische Gebiete begann. Fick dich Erdoğan. Natürlich sagten wir auch nett Adieu et merci pour des matchs dans un grand stade. Weil das Stade de Genève wirklich gross ist. Vielleicht mittlerweile zu gross für den einst so populären Stadtteilklub, aber für die lauten Durchsagen konnten wir uns ja auch nicht glaubwürdig bedanken. Ein schöner Tagesausflug mit unverhofftem Punktgewinn – und das obwohl es zum ersten Mal kein Freibier gab – vielleicht gehts wenigstens sportlich wieder Bergauf?

Nächster Halt am Oster-Samstag-Abend war Schaffhausen. Es war klar, dass es schwierig werden würde, in der Munotstadt zu punkten. Aber dass der FCW so gar nichts zu Stande brachte, war doch sehr enttäuschend. Unser vorläufig letzter Besuch im neueren LIPO-Park war von Beginn an nicht ausserordentlich fantastisch. Wegen ein paar aufgebrachten Klebern wurde mit Stadionverbot gedroht. Da diese wieder entfernt wurden, konnte die Situation mit den Sicherheitsverantwortlichen aber wieder entschärft werden. Das Gesamterlebnis wurde durch diesen Vorfall jedoch trotzdem getrübt. Jedenfalls gaben wir auf den Rängen alles und versuchten, den FC Wohlen nach vorne zu treiben. Das klappte leider nicht und der FCW ging mit 4:0 unter. Das machte aber nichts. Die handvoll Gästefans feierten sich selber und freuten sich über die Pausenstärkung in Form von Bier. Da der sympathische Stadionspeaker Ronny Bien in der Vergangenheit jeweils nicen Sound laufen liess (in Erinnerung geblieben sind Baby Jail, Greis und Knøppel), bedankten wir uns noch für die gute Musik. Leider wars nicht so passend, da die Musik an diesem Tag der gleiche Scheiss war wie fast überall. Ein Ausflug zum Vergessen, da waren andere Spiele in Schaffhausen schöner.

Knapp drei Wochen später, auf einen Donnerstag, war das Spiel in Winterthur terminiert. Winti war bisher immer ein Ausflug wert, auch wenn wir da nie viele waren. Mir gefällt es da immer sehr, deshalb freute ich mich auch. Trotz Spiel unter der Woche. Schön, waren wir so viele wie noch nie auf der Schützenwiese, auch dank befreundeten Fans, die uns begleiteten. Die Zugreisenden terminierten ihre Anfahrt auch richtig, um sich vor dem Spiel noch zu verpflegen. Empfehlenswert sind sicherlich die tibetischen Dumplings, die es auch vegan gibt. Der Veggie-Burger sei angeblich auch vegan, was jedoch vom Testesser bezweifelt wurde. Asiatischen Pasta-Salat hätte es auch noch gehabt, das habe ich jedoch leider zu spät bemerkt. Fest steht, dass der FC Winterthur als einziger Challenge-League-Verein ein vernünftiges Catering hinbekommt. Das Spiel begann dann vielversprechend: Mehrere hochkarätige Chancen für Wohlen in den ersten Minuten. Beim Lieblings-gegner wird doch wohl wieder etwas zu holen sein… Entgegen dem Spielverlauf kassierte man das 1:0. Tja, wenn die Chancen nicht verwertet werden, läuft das halt so. Trotzdem, die Wohler waren bemüht, der Ball wollte nur nicht rein. Kurz nach der Pause kamen die ersten Winti-Fans in den Gästesektor und brachten Biere mit. Auch Leute der Bierkurve und der Libero-Bar liessen sich nicht lumpen und versorgten uns mit Freibier. Das Spiel wurde so etwas zur Nebensache. Ich jedenfalls verpasste das 2:0. Dafür gab es mehr als genug Bier für alle, so dass als Konsequenz auch viel Blödsinn geredet wurde. Für nach dem Spiel hat sich der Salon Erika etwas einfallen lassen. Da ein Sturm den Astronauten Juri Gagarin vom Dach wehte, wurden wir noch zu dessen Wiederauferstehung eingeladen. Die Menschen vom Salon Erika spendierten uns zu diesem Anlass noch ein paar Flaschen Prosecco und Juri erklomm mit Feuerwerk und einer schauspielerischen Darbietung wieder seinen Platz auf dem Salon, was wir mit den Winti-Fans bis zum letzten Zug feierten. Das war wirklich sehr schön. Deshalb haben wir uns auch während des Spiels noch für die nette Atmosphäre bedankt und uns von den Homies und Gewinnern unseres Geburtstagsturniers, den 120er, verabschiedet. So erlaubten wir uns auch noch etwas Kritik am Abwälzen von Verbandsstrafen auf Einzelpersonen. Das nahm uns bestimmt niemand übel. Ich fühlte mich jedenfalls sehr wohl und werde bestimmt wieder mal ein Spiel auf der Schützenwiese besuchen. Und das nächste Mal etwas weniger trinken.

Als nächstes stand ein Sonntagsausflug in den Rapperswiler Gästekäfig auf dem Programm. Darauf hat sich niemand wirklich gefreut, dafür war Rappi noch zu neu in der Liga und der Gästesektor zu beschissen. Auch sind die Securitys beim letzten Besuch negativ aufgefallen. Aber was solls, es ist die Abschiedstour und somit das vorläufig letzte Spiel in Rapperswil-Jona. Zu Acht fanden wir uns im Stadion Grünfeld ein und waren erfreut, dass nach unserem letzten Spiel am Ende des Zürisees Betonstufen im Gästesektor gebaut wurden. Endlich konnten wir auch etwas vom Spiel sehen. Leider mussten wir mit ansehen, wie der FCRJ bereits nach zehn Minuten in Führung ging. Und es sah aus, als wollten sie diese ausbauen. Nach einer Stunde gelang das dann auch. Da wir uns verlieren ja bereits gewohnt sind, sangen wir unbeeindruckt weiter und die Spieler des FC Wohlen zeigten Moral und Ehrgeiz, denn zehn Minuten später kam Muhamed Seferi durch einen Weitschuss zum Anschlusstreffer. Taulant Seferi sicherte uns dann drei Minuten vor Schluss den allerersten Punkt gegen Rappi. Weil der «Dorfverein» nichts zu bieten hat, bedankte sich die Groundhopping-Fraktion für einen neuen Ground. Das wäre aber schon zu viel, schafften es die Vereinsverantwortlichen nicht einmal, ein halbes dutzend Biere für uns zu organisieren. Nach Genf hat es also bereits zum zweiten Mal nicht geklappt mit einer letzten Runde. Aber zum Glück sind wir die ja jetzt los. Interessant war, dass nach dem Spiel noch zwei Fans aus der heimischen Westkurve zu uns in den Käfig spazieren konnten um sich zu verabschieden. Da sie uns nicht viel zu sagen hatten und keine Getränke mitbrachten, war es ein ziemlich kurzes Gespräch. Vielleicht sind tiefgehende Gespräche mit uns auch zu heikel für die «Westkurve», haben sie sich doch erst kürzlich beim Verein verpflichtet, keine politischen Äusserungen zu tätigen. Wie auch immer, das Wetter war top, das Spiel spannend und der Punkt verdient.

Das zweitletzte Auswärtsspiel brachte uns nochmal in die Westschweiz. Xamax Neuchâtel FCS war der Gegner in der Maladière an diesem Sonntagnachmittag. Die Ausgangslage beim Meister und verdienten Aufsteiger könnte schlechter nicht sein: Die Neuenburger verloren in den vorhergehenden 33 Spielen nur drei Partien. Genau gleich viele, wie der FCW gewann. Aber nach dem verpassten Derbysieg im letzten Heimderby könnte noch mal eine kleine Überraschung drin liegen. So machten wir uns als kleinen Mob mit zwei Autos auf den Weg ins Welschland. Da wars jedoch kalt. Das moderne Stadion mit Dach hat gegen die stechende Bise auch nichts geholfen und es gab auch kein Freibier, mit dem man sich hätte wärmen können. Sehr schade. Genau wie das Spiel, die Neuenburger gingen nämlich nach fünf Minuten per Penalty in Führung. Anschliessend gestalteten sie das Spiel nach Belieben und schossen weiter Tore. Immerhin gab es durch Igor Tadic noch einen Ehrentreffer, als er den Nachschuss seines schwachen Elfmeters verwertete. Aber egal, Xamax steigt ja sowieso auf und wir ab. Fokussieren wir uns auf die letzte Auswärtsfahrt der Saison, auf die wir schon seit Wochen kräftig mobilisieren.

Chiasso. Am Pfingstmontag zum Saisonschluss ins Tessin. Um uns vom Profifussball zu verabschieden. Der Zeitpunkt, um durch den Gotthard zu fahren, könnte besser sein als am Ende eines verlängerten Wochenendes. Aber wir konnten auch nicht ändern, was die SFL beschlossen hatte. Auch wenn die Saison für die meisten Wohlen-Fans mit dem letzten Heimspiel gegen Schaffhausen zu Ende ging, war für uns klar, dass wir auch zu diesem Spiel reisen werden. Weil zusammen im Stau stecken lustiger ist und wir den Abschluss der Challenge-League-Ära mit anderen Menschen teilen wollten, buchten wir einen Reisecar. Mit Flyern, Plakaten und Durchsagen vor den Heimspielen wurde versucht, den Bus möglichst voll zu bekommen. Am Spieltag selber trafen wir kurz nach Aufstehen in Wohlen ein, um noch ein paar Dinge zu besorgen und alles mit dem Busfahrer abzuchecken. Als alle knapp 30 Mitfahrenden eingetrudelt waren, ging die Fahrt vor dem Mittag schon los. Gut gab es Willkommens-Prosecco, das führte zu einem munteren Start in den Tag. Die Getränke waren kaltgestellt und die Sandwiches lecker. Wir waren gut vorbereitet und kamen gestärkt sowie gut gelaunt im Tessin an. Bei Sonnenschein richteten wir uns im Gästesektor des Stadio Comunale Riva IV ein und bereiteten eine Choreografie zum Einlauf vor. «Nach 16 Jahr isch es Zit zom Abschied neh… um denn ide neue Liga weder alles zgeh!» war das Motto, das wir mit blauen und weissen Fähnchen untermalten. Die druckvollen 20 Minuten, die wir vom FCW normalerweise zum Ende des Spiels gewohnt sind, kamen dieses Mal am Anfang. Es schien, dass man jetzt, nachdem man den Rekord der meisten Spiele aneinander ohne Sieg in der Liga geknackt hatte, zum Saisonende doch noch einmal gewinnen wollte. Uns wars recht und wir sangen munter unsere Lieder. Der FC Chiasso konnte jedoch nach einer halben Stunde die Führung erzielen, die sie dann auch nicht mehr her gaben. Nein, sie legten noch einen drauf und am Ende lautete das Resultat 3:0. Zwischenzeitlich fiel eine geplante Choreografie von GS14 dem Wind zum Opfer. Leider war die Bereitschaft zu klein, der Witterung zum Trotz die Choreo noch einmal mit etwas mehr Struktur aufzubauen. Im allgemeinen Stress vom Vormittag (und zu wenig Schlaf) ging dann auch noch das Spruchband vergessen, auf dem wir uns für diesen Abschluss mit unserem holprigen Italienisch bedanken wollten. Seis drum. Da es auch hier kein Freibier gab, war das nicht so tragisch. An den Übersetzungen wird es wohl nicht gelegen haben, dass uns die französisch- und italienischsprachigen Clubs keine Runde ausgaben. Zum Glück war der Kühlschrank im Car noch gut gefüllt und wir konnten guten Gewissens wieder abreisen, um uns am Gotthard anzustellen. Leider hatten sich auf der Heimreise nicht mehr alle im Griff und wir mussten uns auf halber Strecke von einem untragbar gewordenen Mitreisenden trennen. Alle anderen kamen wohlbehütet nach einem langen Tag spät abends wieder in Wohlen an. 

Alles in allem war das eine schöne Rückrunde. Der Alkoholkonsum ist – hoffentlich nur temporär – drastisch angestiegen, was aber wiederum auch gut für «Sport – The Bridge» war. Durch den Getränkeverkauf auf der Auswärtsfahrt nach Chiasso konnten wir den Betrag, der durch Spenden aufgrund der Freigetränke zusammenkam, auf Fr. 300.– aufrunden und bereits übergeben. Wir waren aber auch mehr oder weniger kreativ. Zumindest waren wir engagiert, nicht nur was unseren optischen Support anbelangt. Es war zugleich aber auch anstrengend, da sicher über ein dutzend Spruchbänder und auch ein paar Choreos gemacht wurden. Wir waren auch sonst viel präsent und haben einiges auf die Beine gestellt. Aber mir gefiel es, wie wir uns verabschiedeten. Und auch ein bisschen, dass wir uns verabschiedeten. Jetzt kommt nämlich wieder das Kennenlernen und somit auch die Zeit für Neues. Sehr vieles wird sich verändern und hat sich bereits verändert. Lassen wir uns inspirieren für die Zukunft. Vielleicht sehen wir die zweithöchste Liga ja auch wieder nach einer Reform… oder der Revolution.

Erschien im Teilzeitzine #4, August 2018